Reform der Abgeordnetenrente in Bremen

von Helmuth Weiss
20.02.2024



In Bremen soll laut einer Meldung des Weser-Kuriers vom 16.2.24 die Abgeordnetenrente „auf ein neues Fundament“ gestellt werden. Sehen wir uns einmal an, was dazu bislang bekannt ist.

Zunächst muss man wissen, dass die Parlamentarier in Bremen Teilzeitparlamentarier sind, also daneben noch anderen Tätigkeiten nachgehen (können). Und wie sieht die Entlohnung für diesen Teilzeitjob aus ? Aktuell beträgt die Grundentschädigung, die voll versteuert werden muss, 5698,54 Euro. Dazu kommen noch Zahlungen für Mandate in Aufsichtsräten, deren Höhe sich nicht allgemein bestimmen lässt. Unsere Halbtagspolitiker nagen also keineswegs am Hungertuch, so mancher Vollerwerbstätiger würde gerne dieses Einkommen auf seinem Lohnzettel stehen sehen.

Doch anders als bei normalen Erwerbstätigen wird von dieser Grundentschädigung kein Rentenbeitrag abgezogen. Dafür gibt es noch extra Geld: Im Augenblick 932,54 Euro pro Monat, die allerdings zweckgebunden in eine kapitalgedeckte Altersversicherung eingezahlt werden müssen. Eine grandios hohe Zulage aus Steuermitteln, davon träumen Rentenbezieher nur.

Doch „Fachleute“ sehen ein Problem am Horizont: Die Finanzprodukte, in die diese Rentenbeiträge investiert werden, werfen nicht genug Profit ab. Umsteuern heißt die Devise. Der Vorschlag der „Experten“: die Abgeordnetenversorgung soll sich nach einem jährlichen Steigerungssatz pro Jahr der Mitgliedschaft im Parlament steigern. Das bedeutet bei 2% bis zum vollendeten 12. Mandatsjahr , dass dann 24 % der monatlichen Grundentschädigung erreicht wären, nach deren gegenwärtiger Höhe würde das bedeuten: Der zwölfjährige Teilzeitjob im Parlament würde im Alter einen Versorgungsanspruch von 1367,62 Euro erbringen. Angesichts der Altersarmut bei Rentnern in Deutschland, von denen nicht wenige nach einer langjährigen Vollzeitarbeit unter 1000 Euro erhalten, eine skandalös hohe Summe. Der Unterschied: Über die Höhe ihres Versorgungsanspruchs entscheiden die Politiker alleine, genauso wie sie über die niedrige Rente der breiten Bevölkerung entscheiden (Mehr zur Rente finden Sie u.a. hier, hier und hier)

Interessant ist dabei noch ein weiterer Punkt: Der sog. Sachverständigenrat setzt bei der gesetzlichen Rente auf die „Aktienrente“ als Wundermittel zu Stabilisierung der Rente. Zocken am Aktienmarkt wird als seriöses Modell verkauft (s. Ausführlich dazu auf unseren Seiten den Beitrag von Reiner Heyse). Doch in Bremen ist man klüger: die Finanzprodukte schwächeln in der letzten Zeit, rechtzeitiges Umsteuern ist angesagt – zumindest wenn es um den eigenen Geldbeutel geht. Die Allgemeinheit der Rentner kann ja immer noch hoffen, dass alles gut geht beim Glücksspiel - Karussell , wenn nicht, dann muss man dem Drama eben in die Augen sehen.

Es ist überfällig, dass sich auch Abgeordnete, wie auch Beamte und Selbständige an der solidarischen gesetzlichen Rente beteiligen, für Sonderkonditionen gibt es keine nachvollziehbare Rechtfertigung. Wen wundert es da eigentlich noch, dass sich bei einem wachsenden Teil der Bevölkerung Politikverdrossenheit breit macht ?

Hier erfahren Sie mehr über die Altersversorgung unserer Bundestags- und Europaparlamentsabgeordneten.

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