von Reiner Heyse*
10.12.2025
Am 4.12.25 veröffentlichte die ARD ihre aktuelle Meinungsumfrage „Deutschlandtrend“. Schwerpunkt war die aktuelle Rentenpolitik mit sehr eindeutigen Aussagen:
76 % der Befragten sind gegen eine weitere Absenkung des Rentenniveaus.
69 % lehnen es ab, dass die Renten weniger stark steigen als die Löhne.
81 % wollen keine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre.
83 % wollen, dass Beamte, Politiker und Selbständige in die gesetzliche Rentenversicherung organisiert werden.
Sowohl die zum wiederholten Male ausgesprochene OECD-Klatsche zum erbärmlichen Leistungsniveau der Renten in Deutschland, als auch die deutlichen Willensbekundungen des Wahlvolkes zur Rentenpolitik spielten im Bundestag und in den Medien keinerlei Rolle. Gerade das sehr klare Wollen des Souveräns in Sachen Rente wird seit Jahrzehnten in Umfragen dokumentiert und seit Jahrzehnten von großen Mehrheiten im Bundestag ignoriert, ja, häufig in den Dreck getreten (siehe hier und hier).
Am 5.12. fand wieder das in den Dreck treten statt. Das Rentenniveau wird ab 2031 weiter abgesenkt, es wird bis 2040 von 48 % auf 46 % abgesenkt. Die Renten werden weiter von der Lohnentwicklung abgekoppelt und zwar bis 2040 um weitere 4 % (siehe unten). Angekündigt wurde die Einsetzung einer Rentenkommission, deren Aufgabe schon jetzt ins Stammbuch geschrieben wurde, ein Konzept zur Heraufsetzung des Renteneintrittsalters zu erarbeiten.
Statt den von der Rentenpolitik Betroffenen das Wort zu geben, wird eine kleine Gruppe von Parteikarrieristen zu Helden von Medien, Wirtschaftsverbänden und neoliberalen Ökonomen hochgejubelt. Die Heldentat besteht darin, dass sie sich in jedem Punkt vollständig gegen den Willen der großen Mehrheit in der Bevölkerung stellen.
Der Vorsitzende der CDU Rebellen „Junge Gruppe“, Pascal Redding, kann sich im Parlament aufblasen: Das Rentenpaket stehe „gegen meine fundamentalen Überzeugungen, gegen alles, wofür ich Politik gemacht habe“. Das sagt ein 30jähriger Mann, dessen Erwachsenenleben bisher ausschließlich in der Politikblase stattfand. (Er scheint jetzt schon an seiner Biografie zu arbeiten.) In der Rentenkommission soll auch die „Jugend“ eine Stimme bekommen. Die wird dann sehr wahrscheinlich die Tonlage der Blasenjugend anstimmen.
Wenn die letzten Tage eins gezeigt haben, dann ist es, wie die Demokratie zu Grabe getragen wird. Die Verteidiger „unserer Demokratie“ gehen gegen „Rechts“ und für die Brandmauer auf die Straße. Sie merken nicht, wie die Erosion der Demokratie täglich betrieben wird durch die Mehrheitsparteien im Bundestag. Die AfD muss gar nicht besonders klug sein, um daraus ihren Nutzen zu ziehen.
Die Daten zum Sturm im Wasserglas:
Nach den Berechnungen der Deutschen Rentenversicherung würden sich das Rentenniveau (1) und der Beitragssatz in den kommenden 15 Jahren so entwickeln. Diese Daten zeigen wie haltlos und faktenfrei konstruiert der Rentenalarm inszeniert wurde:
Quelle: DRV Herbstschätzung 2025; eigene Grafik
Auch ohne Haltelinie würde das Rentenniveau erstmals 2030 sinken. Die jungen Wilden empören sich also über ein Ereignis, das erst in fünf Jahren möglicherweise ganze 5 Milliarden Euro an Mehrkosten benötigt. Die könnten dann erst in den Folgejahren auf maximal 10 Mrd. Euro ansteigen. Und die höchst sachverständige Veronika Grimm gerät fast in Hyperventilation und prophezeit Steuererhöhungen zur Schließung dieser gewaltigen Lücke. Dagegen ist die Aufblähung des Militärhaushalts auf 5% der Bruttoinlandprodukts (nach gegenwärtigen Zahlen 235 Mrd. Euro) ein Klacks. Jedenfalls findet das sowohl bei den Jungen Rebellen als auch den angeblichen Sachverständigen sehr unterstützenswert. Ein unglaublicher Vorgang.
Die Zahlen zeigen auch: das Rentenniveau vor Steuerabzug wird bis 2040 von 48% auf 46,3% weiter sinken. Die Senkung um 1,7 Prozentpunkte entsprechen einem Rückgang um knapp 4%. Das bedeutet, dass sich der Abstand der Renten von der Lohnentwicklung, der von 2004 bis 2024 auf 20 % angewachsen war, um weitere 4% auf dann 24 % erhöhen wird. Den jungen Rentenbekämpfern ist das zu wenig, sie wollen den Abstand auf 26% hoch erzwingen und nennen das „Generationengerecht“. Auch das ein unglaublicher Vorgang.
Quelle: DRV Herbstschätzung 2025; eigene Grafik
Auch der erwartete Beitragssatzanstieg ist überaus moderat. Er beträgt in den kommenden 15 Jahren 2,6 %. Das ist im Durchschnitt eine Zunahme von 0,2 % pro Jahr. Bei paritätischer Finanzierung werden die Löhne (Korrektur, es muss natürlich heißen: „Lohnabzüge“) dann um lediglich 0,1% erhöht. Zur Vermeidung der Absenkung des Rentenniveaus bis 2040 würden 0,4 %, also 0,2 % vom Lohn, ausreichen. In Worten: mit 0,2% mehr Beitrag ließe sich der Verlust von 4 % bei der Rente zu vermeiden. Warum fragt niemand diejenigen, die es angeht, ob sie dazu bereit sind? Es würde auf breite Zustimmung stoßen, wie einschlägige Umfragen seit Jahren zeigten.
Diese Rechnung hat modellhaft nur die Einnahmeseite aus Beiträgen betrachtet. Denkbar und politisch korrekter wäre, dass der Staat die Finanzierung zu 100% übernimmt. Das wäre nämlich allein schon dadurch gegeben, dass die nicht beitragsgedeckten Leistungen der Rentenversicherung vollständig aus dem Staatshaushalt finanziert werden. Das wären aktuell 40 Milliarden Euro Mehreinnahmen für die Deutsche Rentenversicherung.
Auch das muss erwähnt werden: Es würde sich dabei lediglich um eine Notmaßnahme handeln, um die Renten nicht noch weiter in den Keller zu versenken. Für eine deutliche Verbesserung, die sich an dem Rentenniveau unserer Nachbarländer orientiert, wären wirklich grundlegende Reformschritte erforderlich, die natürlich auch entsprechend mehr kosten würden. In Österreich wird 3 % mehr vom Bruttoinlandsprodukt für Renten ausgegeben. Das wären in Deutschland etwa 140 Milliarden Euro mehr.
Das wäre der Untergang Deutschlands? In Österreich ist das höhere Rentenniveau seit über 30 Jahren garantiert! Und das Land existiert immer noch und erlebt seit Langem eine Wirtschaftsentwicklung ganz ähnlich der in Deutschland.
(1) Das Rentenniveau von 48 % meint immer das Nettoniveau nach Sozialabgaben, aber ohne Steuerabzug. Durch die zunehmende nachgelagerte Besteuerung sinkt das tatsächliche Nettorentenniveau für Bestands- und Neurentner, trotz der propagierten Haltelinie weiter ab. Im internationalen Vergleich (auch von der OECD) wird immer vom tatsächlichen Netto ausgegangen. Das wird dann mit Nettoersatzquote bezeichnet. Das verschleiernde „Netto vor Steuern“ gibt es nur in Deutschland und sonst nirgendwo.
* Reiner Heyse, Nachrichteningenieur, war langjähriges Tarifkommissionsmitglied in der IG Metall und Betriebsrat in einem mittelständischen Betrieb in Kiel. Weitere, äußerst sachkundige Beiträge zum Thema Rente unter seniorenaufstand.de, wo auch dieser Artikel zu finden ist
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