von Bernd Fischer
06.12.2024
Am 24. November 2024 unternahm die Deutsche
Presseagentur dpa mit der Schlagzeile „Russland ist der Feind“
einen erneuten Versuch, den Bundesbürgern die letzten Reste
friedenspolitischer Vernunft auszutreiben, was nach wie vor
daran zu scheitern droht, dass die Mehrheit der Wählerinnen
und Wähler die Lieferung weitreichender Waffensysteme an
die Ukraine ablehnt und berechtigte Angst vor einer nuklearen
Katastrophe hegt. Der Weserkurier übernahm den Artikel von
dpa in seiner Online-Ausgabe und präsentierte den Verfasser
der genannten Schlagzeile, den Historiker Karl Schlögel, als
„einen der besten deutschen Russland-Kenner“, dessen
Kennerschaft nach der Lektüre des Artikels darin zu bestehen
scheint, die deutsch-russischen Beziehungen auf den Begriff
der Feindschaft zu reduzieren. Russland gilt nach Schlögel
nicht mehr als Staat, mit dem verhandelt werden muss und
kann, sondern als Feind schlechthin.
Der mit Preisen und Ehrungen überhäufte Schlögel wurde
1948 im bayerischen Hawangen „als zweites von sechs Kindern
des Landwirtsehepaars Clemens und Victoria Schlögel“
(Wikipedia) geboren, besuchte die Benediktinergymnasien im
Kloster Ottobeuren und im Kloster Scheyern, begann im
Frühjahr 1969 an der Freien Universität Berlin Philosophie,
Soziologie, Osteuropäische Geschichte und Slawistik zu
studieren, kam von der Roten Zelle Slawistik über das
Anarchoblatt Agit 883 zur Proletarischen Linken, danach zur
maoistisch orientierten KPD/AO und zum Kommunistischem
Studentenverband KSV, wo er das Zentralorgan „Dem Volke
Dienen“ leitete, bis er nach Jahren der politischen
Wanderschaft im Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und
internationale Studien (BIOSt) landete und nebenbei in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung und anderen Leitmedien dem
Volke wieder dienen durfte, wofür er mit zwei Professuren
und zahllosen Stipendien belohnt wurde.
Und weil Recht hat, wer immer dasselbe sagt, warnt er im
Chor mit vielen anderen, die auch immer dasselbe sagen, „den
Westen vor Naivität gegenüber Russland und Kremlchef Putin“,
der die europäische Union „zerlegen“ wolle. Ähnlich originell
auch die Behauptung, es gebe „fortwährend Versuche der
Einmischung, Sabotageakte, Versuche, die politischen Parteien
zu instrumentalisieren, also die AfD und das Bündnis Sahra
Wagenknecht“, was aus seinem Mund wie kalter Kaffee aus
Geheimdienstkreisen schmeckt. Dass „Russland testet, wie
weit es gehen kann“, trifft auf alle Kriegsparteien, aktuell vor
allem aber auf den Westen zu, wo es zu Schlögels Leidwesen
noch Leute und Parteien geben soll, die glauben, „man könnte
dieser Auseinandersetzung irgendwie entgehen“, was von ihm
als „Preisgabe der Ukraine“, also als Verrat am Volk, nur
diesmal am ukrainischen, gegeißelt wird.
Als lebenslanger Klosterschüler weiß Schlögel, dass Gnade nur
finden kann, wer Buße tut, womit bei einem Staat wie
Russland nicht zu rechnen ist, zumal sich die vielfach
bewunderte russische Kultur von der, wie er schreibt,
„Kontaminierung und Instrumentalisierung durch den Krieg“
nur langsam, „wenn überhaupt, erholen wird.“ Zur schnelleren
Erholung fordert er – auch wieder im Chor mit vielen anderen -
die Lieferung weitreichender Waffen, die, wie der
Marschflugkörper Taurus, „auf die Ausgangspunkte dieser
Aggressionen abzielen“, also Moskau und den Kreml zu
zerstören in der Lage sind, was ihn als Preisträger für die Gerda
Henkel Stiftung qualifiziert: 100.000€ für den intellektuellen
Absturz in die Kloake der bundesdeutschen Idiotie, wo er
gemeinsam mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Friedrich
Merz, Robert Habeck und Michael Roth von einem Feldzug der
Nato gegen Russland - gern auch unter deutscher Führung -
träumen darf:
"Wir befinden uns in einer Vorkriegssituation, die, ohne in eine
Analogie zu verfallen, viel mit den 1930er Jahren zu tun hat.
Auch damals baute sich etwas auf, was man wohl ahnen, aber
noch nicht so genau abschätzen konnte."
Wer meint, hier baue sich einfach irgendetwas auf, leugnet die
eigene - sprich deutsche – Verantwortung und verschweigt
den eigenen – sprich deutschen – Anteil am neuen kalten
Krieg, der jederzeit in einen heißen umschlagen kann.
"Die Frage ist doch, ob wir aktuell den Gefahren ins Auge
schauen oder ob wir einknicken und kapitulieren werden. Ich
hätte nie gedacht, dass ein solcher Ernstfall eintreten würde
und wir in die Situation einer so harten Prüfung geraten
werden."
Nachtrag 1
„Die Gerda Henkel Stiftung wurde im Juni 1976 von Lisa
Maskell zum Gedenken an ihre Mutter Gerda Henkel als
rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in
Düsseldorf errichtet. Die Förderungen der Gerda Henkel
Stiftung gelten den Historischen Geisteswissenschaften.“ (aus
der Pressemitteilung der GHS)
Warum die Stiftung nicht nach dem benannt wurde, dem die
Familie ihren Reichtum verdankt, ist mit Blick auf die hohen
Aktienanteile der Firma Henkel an der Degussa-AG
nachvollziehbar, konnte dieselbe doch mit der Verarbeitung
von Zahngold ermordeter Juden und dem Verkauf des
Schädlingsbekämpfungsmittels Zyklon B an die SS über die
Firmentochter DEGESCH (Deutsche Gesellschaft für
Schädlingsbekämpfung m.b.H.) beachtliche Profite generieren.
Nachtrag 2
Hugo Henkel, Ehemann von Gerda Henkel und Vater der
Stiftungsgründerin Lisa Maskell, trat zum 1. Mai 1933 der
NSDAP bei, wurde vom Reichsminister für Volksaufklärung und
Propaganda Joseph Goebbels im Oktober 1933 in den
Verwaltungsrat des Werberats der deutschen Wirtschaft
berufen, war seit 1937 Mitglied des Aufsichtsrats der
Deutschen Bank AG, gehörte bei Kriegsende zu den 42
Industriellen auf der Kriegsverbrecherliste des
Sonderausschusses des US-Senats (Kilgore Committee), wurde
im September 1945 inhaftiert und im Januar 1947 als
„entnazifiziert“ entlassen, weshalb er sein Eigentum
wiedererlangen und erreichen konnte, dass die Demontagen
in den Jahren 1948 bis 1950 deutlich geringer ausfielen als
geplant.
Nachtrag 3
Das Unternehmen Henkel war zu Beginn des Zweiten
Weltkriegs um die Anerkennung seiner Produkte als
„kriegswichtig“ bemüht, was dank der „sorgfältigen
Vorbereitung in Zusammenarbeit mit den zuständigen
Behörden" auch gelang und die Firma auf einen Erfolg des
„Unternehmen Barbarossa“ mit anschließender Expansion in
die eroberten Gebieten hoffen ließ: „Die Vergrößerung des
Reiches im Osten und Südosten, die große
Produktionsmassierung in Düsseldorf und Genthin und der
allgemein steigende Absatz unserer Produkte lassen es als
angebracht erscheinen, eine Erweiterung unserer
Produktionsbasis nach Beendigung des Krieges vorzusehen",
hieß es in einer Firmenchronik, die noch im Jahr 2001
veröffentlicht wurde. Mit „Vergrößerung des Reiches im
Osten" war der Vernichtungskrieg der Wehrmacht gemeint,
die 1945 – siehe Schlögel – „einknicken und kapitulieren“
musste.
Nachtrag 4
„Es ist nicht das erste Mal, dass aktuelle Preise, die Preisstifter,
die Preisträger und deren Ansichten eine seltsame historische
Resonanz ergeben“, schreibt Dagmar Henn auf rt. „Wobei in
diesem Fall, dem Historiker Karl Schlögel, der nun den Gerda
Henkel Preis erhalten soll, gleich noch ein anderer Preis und
eine andere Preisträgerin in Erinnerung gerufen werden – die
Ikone der US-Neokons, Anne Applebaum, die dieses Jahr
ausgerechnet den „Friedenspreis“ des Deutschen Buchhandels
erhielt. Schlögel sitzt in der Jury dieses Preises.“
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