Was wollen die Parteien?

von Holger Balodis und Dagmar Hühne
04.09.2021



Angeblich leben wir ja angesichts der stark gealterten Bevölkerung in einer Rentnerrepublik. Und die Politik wagt es nicht, zugunsten der Jungen in die Besitzstände der Alten einzugreifen. So die These vieler Lobbyisten und Kommentatoren. Fragt sich nur: Weshalb sind dann schon heute über 20 Prozent der Rentner objektiv arm? Weshalb liegt die durchschnittliche Rente nach 45 Versicherungsjahren deutlich unter 1.500 Euro. Weshalb wurden die Renten in den vergangenen 30 Jahren so beschnitten, dass sie um rund ein Drittel entwertet wurden?

Auf den Wahlplakaten zur Bundestagswahl feiert die gute Rente dann doch eine Auferstehung. Für ein gutes Leben im Alter wirbt die CDU. Jetzt stabile Renten wählen. Scholz packt das an verkündet die SPD. Statt Altersarmut: Renten rauf! fordert DIE LINKE. Lediglich FDP und Grüne verzichten plakativ auf das Thema Rente.

Doch was haben die Parteien wirklich vor mit der Rente? Wenig, zumindest wenn man die Aussagen der Wahlprogramme abklopft. Drei Seiten Allgemeinplätze bei der CDU/CSU. Keine Aussage zum Rentenniveau, Stärkung von Privatvorsorge und Betriebsrente. Keine Erwerbstätigenversicherung. Etwas konkreter die SPD: Auf einer(!) Seite des Wahlprogramms versprechen die Sozialdemokraten ein stabiles Rentenniveau von mindestens 48 Prozent sowie die Absicht Beamte, Selbstständige und Freiberufler in die Rente eingliedern zu wollen, also die Erwerbstätigenversicherung. Dazu mehr Betriebsrenten und eine völlig reformierte, preiswertere Riester-Rente. Auch die Grünen wollen schrittweise alle reinholen in die gesetzliche Rente und nennen das Bürgerversicherung. Auf immerhin zwei(!) Seiten ihres 272 Seiten langen Programms beschäftigen sie sich mit Rente. Sie verlangen ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent, eine deutlich verbesserte Grundrente, die sie Garantierente nennen und wollen die Private Vorsorge (derzeit Riester) über einen öffentlich verwalteten preiswerten Bürger*innenfonds organisieren.

Die FDP verspricht einen je nach Lebenslage flexibel kombinierten Rentenbaukasten aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge. Als einzige Partei hält sie nicht ausdrücklich am Primat der gesetzlichen Rente fest. Im Gegenteil: sogar einen Teil der gesetzlichen Rente wollen die Liberalen in eine Aktienrente umbauen. Der Zug in Richtung Privatisierung soll also weiter Fahrt aufnehmen.

Das genaue Gegenteil will DIE LINKE. Volle Konzentration auf die gesetzliche Rente und Abschaffung der Riester-Rente. Nur die Linken fordern die Rückkehr zum Rentenniveau von 53 Prozent wie es zur Jahrtausendwende vor den Riesterreformen galt. Außerdem eine Mindestrente von 1.200 Euro für die Geringverdiener.

Fazit
Eine wirkliche Verbesserung für alle Rentner fordert allein DIE LINKE. Ein rot-rot-grünes Bündnis könnte die Basis für einen Einstieg in die Erwerbstätigenversicherung sein. Die Wahlprogramme geben es her. Union und FDP haben daran kein Interesse. Bis auf DIE LINKE halten alle Parteien am kapitalgedeckten zusätzlichen privaten Sparen fest. Nach dem Willen von Grünen und SPD soll dies aber künftig preiswerter von öffentlichen Institutionen organisiert werden.

Was fehlt: Keine Partei hat den Mut, eine vollständige Korrektur der Rentenverschlechterungen seit 1990 zu fordern. In Rente rauf! haben wir vorgerechnet, dass eine Rente von mindestens 2.000 Euro für Normalverdiener nach einem vollen Arbeitsleben finanzierbar ist. Das hat derzeit keine Partei auf der Agenda.


Letzte Veröffentlichungen:
Holger Balodis und Dagmar Hühne: Rente rauf! So kann es klappen, DVS Verlag, 204 Seiten, 18 Euro (ISBN 978-3-932246-98-2), jetzt die leicht überarbeitete 2. Auflage

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