von Holger Balodis
30.03.2022
Die Renten steigen kräftig: zum 1. Juli sollen sie im Westen um 5,35 Prozent steigen, in Ostdeutschland sogar um 6,12 Prozent. Das ist der größte Anstieg seit langem und somit für 21 Millionen RentnerInnen eine gute Nachricht. Für den zuständigen Minister Hubertus Heil ist das ein Stück Leistungsgerechtigkeit nach einem langen Erwerbsleben für alle Generationen. Doch wie weit ist diese Leistungsgerechtigkeit im Rentensystem tatsächlich schon verwirklicht? Und was meint der Minister eigentlich damit? Wer heute in Rente geht, hat im Durchschnitt 39 Versicherungsjahre und bekommt dafür von der Rentenkasse im Schnitt nach Abzug des Krankenkassenbeitrags 970 Euro ausgezahlt. Leistungsgerecht? Doch schauen wir auf die, die mindestens 45 Jahre gearbeitet haben und dabei in der Regel auch ordentlich verdient haben, die westdeutschen Männer: Sie erhalten 1.616 Euro und sind die Gruppe mit den höchsten Renten. Die ebenso lang arbeiteten Frauen bekommen hingegen nur 1.190 Euro, weil sie zeitlebens schlechter bezahlt wurden. Und weil nur wenige Frauen insbesondere in Westdeutschland ein so langes Berufsleben vorweisen können, liegen über 50 Prozent der westdeutschen Frauenrenten zwischen 300 und 900 Euro. Leistungsgerecht? Damit scheint es nicht allzu weit her zu sein.
Bereits die BezieherInnen von vergleichweise hohen gesetzlichen Renten werden es als keineswegs gerecht ansehen, dass BeamtInnen im Alter locker mit doppelt so hohen Pensionen rechnen dürfen. Dass jedoch ein Großteil der BezieherInnen kleiner und mittlerer Einkommen später von Renten leben soll, die unterhalb der Grundsicherungsschwelle liegen, das ist eine Zumutung.
Deshalb gilt: Wir brauchen eine Mindestrente für alle langjährig Versicherten, die deutlich über der Armutsschwelle liegt. Wenn Hubertus Heil die Leistungen von Verkäuferinnen und PflegerInnen preist (diejenigen, die dieses Land in der Krise am laufen gehalten haben), so ist eine 5-prozentige Erhöhung der Mini-Renten eindeutig nicht genug.
Wir brauchen endlich den Einstieg in eine echte Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen. Das würde insgesamt höhere Renten ermöglichen und auch einen stärkeren sozialen Ausgleich. Derzeit beteiligen sich die finanziell Leistungsfähigsten nämlich fast nicht an der Rente, obwohl das Privatvermögen in Deutschland auf fast unglaubliche 16,4 Billionen Euro gestiegen ist.
Da bleibt noch viel zu tun.
Letzte Veröffentlichung des Autors: Holger Balodis und Dagmar Hühne: Rente rauf! So kann es klappen, DVS Verlag, 204 Seiten, 18 Euro (ISBN 978-3-932246-98-2) Sie bekommen das Buch schnell und portofrei entweder direkt über uns (balodis@vorsorgeluege.de) oder den Frankfurter DVS-Verlag (http://www.dvs-buch.de/).
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