Die Rentenzerstörung geht weiter

von Holger Balodis und Dagmar Hühne
27.10.2021



Die meisten unter uns können sich noch an das rot-grüne Regierungsexperiment von 1998 bis 2005 erinnern und haben befürchtet, dass auch mit der Ampel Schlimmes auf die gesetzliche Rente zukommen wird. Mit Recht, wie das Sondierungspapier zeigt. Dort wurden Pflöcke eingerammt, die das umlagefinanzierte gesetzliche Rentensystem eindeutig gefährden. Ausdrücklich wird als Ziel genannt in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente einzusteigen.“ In einem ersten Schritt sollen 10 Milliarden Euro aus Bundesmitteln in die neu zu gründende Anlage-Abteilung der Deutschen Rentenversicherung fließen. Später könnten auch normale Beitragsmittel von Versicherten und Arbeitgebern dort landen, wie die FDP mit ihrer Aktienrente plant. Im Klartext: Erstmals sollen nicht nur Gelder für Riester-Rente und Betriebsrenten in Aktien & Co fließen, sondern auch Mittel aus dem Kernbereich der gesetzlichen Rente. Ein Tabubruch, der den Anfang vom Ende der so erfolgreichen umlagefinanzierten Rente markieren könnte. Ein System, das über viele Jahrzehnte hervorragend funktionierte und allen Wirtschafts- und Finanzkrisen trotzte, würde ohne Not weiter demontiert. Bei Lichte betrachtet ist es jedoch die konsequente Fortführung der bereits erfolgten Privatisierungsschritte Riester-Reform (2001) und Betriebsrentenstärkungsgesetz (2017). Nun wird auch die erste Säule der deutschen Alterssicherung, die gesetzliche Rente für die Zockerbude Kapitalmarkt geöffnet.

In den Wahlprogrammen von SPD und Grünen war davon genauso wie 1998 - noch keine Rede. Die Liberalen waren da ehrlicher.

Doch das ist längst noch nicht alles, was die Erosion des Sozialstaates vorantreibt.

Die Grenze für geringfügige Beschäftigung (Minijobs) soll von 450 Euro auf 520 Euro monatlich erhöht werden. Und die Gleitzone für sogenannte Midi-Jobs erhöht sich von 1.300 Euro auf 1.600 Euro monatlich. Damit wird der Bereich, in dem insbesondere der Rentenkasse massiv Einnahmen verloren gehen, ausgeweitet. Doch gibt es gar nichts Positives? Kanzlerkandidat Olaf Scholz hebt stets hervor, dass das Rentenniveau gesichert bleibe und keine Anhebung des Renteneintrittsalters beschlossen wurde. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Das konstante Rentenniveau berücksichtigt nicht, dass die Renten in den nächsten Jahren immer stärker der Steuer unterworfen werden. Und die Anhebung des Renteneintrittsalters ist bereits munter im Gange. Bis 2031 steigt es auf 67 Jahre. Wer nicht so lange durchhält, muß mit Rentenkürzungen rechnen. So gesehen erscheint Olaf Scholz in Sachen Rente als trickreicher Taschenspieler.


Letzte Veröffentlichungen:
Holger Balodis und Dagmar Hühne: Rente rauf! So kann es klappen, DVS Verlag, 204 Seiten, 18 Euro (ISBN 978-3-932246-98-2), jetzt die leicht überarbeitete 2. Auflage. Sie bekommen das Buch schnell und portofrei entweder direkt über uns (balodis@vorsorgeluege.de) oder den Frankfurter DVS-Verlag (http://www.dvs-buch.de/).

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